Erinnerungen!
Gestern Abend, nachdem wir miteinander gesprochen hatten, flog ich zum Ostufer des Sees. Dort fand ich einen schönen Strauch, unmittelbar in der Nähe des Ufers, wo ich ebenfalls etwas zu picken fand. So stillte ich zunächst meinen Hunger, der nicht so groß war – obwohl fliegen schon ziemlich viel Kraft verbraucht. Im Anschluss trank ich noch ein wenig und begab mich mit angenehm gefülltem Bauch in das Dickicht, ließ mich dort auf einem ansprechenden Ast nieder und legte mir meinen Schlafflügel über den Kopf. Wegen der beruhigenden Wirkung, des an das Ufer leckenden Wassers, bin ich dann auch sehr schnell eingeschlafen.
Heute Morgen erwachte ich mit den ersten Strahlen der Sonne und hüpfte den Ast entlang, hinaus aus meinem Nachtlager. Ich schaute auf den Regenbogensee, über dessen sich kräuselnder Oberfläche noch träge einige Nebelschwaden trieben und ich begrüßte den neuen Tag mit einem kraftvollen Lied. Dabei drängten sich mir Erinnerungen in meinen Kopf, aus der Zeit als die Nestlinge von Arle und Gego heranwuchsen.
Arle hatte mich damals so richtig angepfiffen, weil ich angeblich ihrem Nachwuchs den Schlaf mit meinem Flöten geraubt hätte. Aber mal ganz ehrlich, was kann ich denn schon dafür, dass ich eine Frohnatur bin und gerne den Morgen mit einem kleinen Lied begrüße? Bürste und Kralle, ihre Zwillinge, waren ja auch nicht immer die Leisesten. Nur weil ich eine Amsel in den besten Jahren bin, wird von mir erwartet, dass ich Rücksicht nehme. Dabei habe ich wirklich eine sehr schöne Stimme!
Natürlich bin ich mit Arle trotzdem gut befreundet und sie hat auch täglich am späten Nachmittag begierig auf mich gewartet. Im Ausflugsloch ihrer Behausung hockend, um die neuesten Nachrichten von mir zu hören! Sogar Gego hatte dann immer zufällig Dinge in der Nähe zu erledigen und versuchte den Eindruck bei mir zu erwecken, es wäre etwas besonders Wichtiges. Aber in Wirklichkeit wollte er auch hören, was ich über unser Tal zu berichten hatte.
Waldwichtel nochmal, es wird Zeit, dass alle wieder zurückkommen. Sie fehlen mir!
Na jedenfalls war heute Morgen niemand in der Nähe, der meinen Gesang als störend empfunden hätte. Nach meinem Morgengruß flog ich hinunter zum Seeufer, wusch mich gründlich und frühstückte eine Kleinigkeit. Derart gestärkt und erfrischt, machte ich mich auf den weiteren Weg. Es war noch ein gutes Stück, bis zu dem nördlichen Seeende. Außerdem fliegt man ja nicht nur einfach stur durch die Gegend, vor allem dann nicht, wenn man unterwegs auf jemanden trifft. Ich traf beispielsweise auf Salbaba, der am Rand des Ufers versuchte, einen Fisch zu ergattern.
Doch dies ist ein weiterer Flöt und den könnt ihr morgen hören. Bis dahin wünsche ich euch natürlich eine federleichte Zeit. Tralala
F. Platsch