Flötwettstreit!
Ich wurde wach, weil meine verklebten Brustfedern, die ich mir am Vorabend mit dem Himbeersaft eingehandelt hatte, mich piekten. Die Enden mancher dieser Federn waren über Nacht hart geworden und lösten dieses unangenehme Gefühl aus. Ihr wisst schon was ich meine!
Die Sonne schien ganz langsam zu erwachen. Die ganze Umgebung war noch in Dämmerlicht gehüllt, was mir natürlich nichts ausmachte, da ich ganz ausgezeichnet sehen kann. Ganz besonders in der Dämmerung!
So hüpfte ich zielsicher meinen Ast entlang, auf dem ich die Nacht verbracht hatte. Von dessen Ende flatterte ich auf das noch feuchte Gras hinunter, welches unten um die Büsche herum wuchs.
Ich hockte mich dort auf meine Klauen, buddelte ein wenig mit dem Schnabel in der lockeren Erde und holte mir den einen oder anderen Käfer aus der dunklen Erde, den ich sodann verspeiste. Nachdem dann dadurch der Durst und der Hunger gestillt worden waren, begann ich den Morgen auf meine Art zu begrüßen. Auf die Art der Amseln eben. Ich flötete laut sowie klar und auch jetzt stimmten aus den Büschen andere Vögel mit in das Lied ein. Überall um mich herum, begann sich nun das Leben zu regen. Zwei männliche Amseln landeten unmittelbar neben mir und versuchten sich gegenseitig mit ihrem Lied zu übertrumpfen.
Das machten sie, um mich zu beeindrucken, da war ich mir sicher. Wir weiblichen Geschöpfe haben dafür einen untrüglichen Sinn. Das hatte nichts damit zu tun, dass ich eingebildet wäre, nein, männliche Amseln machen eben so etwas! Nur um zu beweisen, dass sie die besten Sänger waren und die vielfältigsten Melodien flöten konnten. Und natürlich auch am lautesten!
Trotzdem, dass mich das nicht beeindruckte, hörte ich ihnen eine geraume Weile zu. Hin und wieder flötete ich zustimmend, wenn sie einen besonders schönen Ton getroffen hatten. Irgendwann stimmte ich mit meiner kraftvollen Stimme in die Melodie ein, worauf die beiden in ihrem Gesang, mit geöffnetem Schnabel, inne hielten.
Da ich oft sehr weit im Tal herumkam, hatte ich natürlich auch schon die vielfältigsten Töne gehört und mir ein paar davon zu Eigen gemacht. So war es nur natürlich, dass die beiden Männchen von der Vielfältigkeit meiner Flötvariationen gebührend beeindruckt waren. Sie flöteten nun deutlich leiser im Hintergrund. Auch die Vögel, die sich noch in den Büschen aufhielten, hatten ihre Stimmen ein wenig gedrosselt, um mir zuzuhören. Wir Vögel liebten es eben neue Tonfolgen kennen zu lernen!
Dann, wieder etwas später, griffen die beiden Männchen an meiner Seite, die von mir ausgestoßenen Töne auf und musizierten mit mir gemeinsam. Auch die restlichen Vögel schlossen sich uns an. Eine ganze Weile war die gesamte Luft erfüllt von unserem Flöten und Gezwitscher. Erst als die Sonne alles in ihr Licht hüllte, stellten wir zufrieden unser Konzert ein.
Alle aßen noch etwas und wir unterhielten uns über die verschiedenen, kleinen Dinge des Alltags. Dann fragte ich, ob jemand eine Badegelegenheit in der Nähe kennen würde. Eine Misteldrossel, die sich jetzt neben mich gehockt hatte, erklärte mir hilfsbereit den Weg zu einem Bach, der wohl in der Nähe durch die Landschaft floss. Nach einer weiteren Weile bedankte ich mich bei allen für das gemeinsame musizieren, erhob mich in die Luft und flog begierig meinem Bad entgegen.
Vielleicht solltet ihr auch musizieren oder ein kleines Bad nehmen, wir jedenfalls hören beim nächsten Flöt wieder voneinander. Federleichte Erfrischung und Tralala, bis dann.
F. Platsch