Die unruhige Nacht
Das letzte Mal musste ich leider ein wenig überhastet aufbrechen, wie ihr euch bestimmt noch erinnern werdet.
Diese Dungbräter vom Rabenhorn kamen nämlich von ihrem einfältigen Spiel zurück, welches die Vögel und die Steinböcke von hier oben, gleichermaßen zu faszinieren scheint. Sie hetzen dann wie die vom Ranzenkrebs befallenen Lurchzungen, von der einen Seite der endlos erscheinenden Wiese, bis zur der Anderen.
Dabei tragen sie abwechselnd irgendeinen Pflanzenmüll mit sich herum und machen dazu einen gewaltigen Krach. Was sie mit dem Ganzen bezwecken, kann ich euch aber beim besten Willen nicht verraten. Ich vermute aber einfach mal, dass die Luft hier oben auf Dauer einfach nicht gut für deren Fusselköpfe ist!
Jedenfalls kam die ganze Meute unter lautem Gejohle zurück und verhinderte somit dadurch, dass ich euch meinen Kräh vollständig schicken konnte. Ich habe mich dann mit der „überaus“ schlauen Dabiduda einfach in ein Gebüsch zurückgezogen, um auf eine bessere Gelegenheit für mein Vorhaben zu warten.
Nicht weil ich Angst vor diesen Schmutzwichteln gehabt hätte, sondern um dem endlosen Gerede, was es bestimmt mit ihnen gegeben hätte, im Voraus aus dem Weg zu flattern. Diese Bande von Nussdieben regt sich nämlich immer über unerwarteten Besuch ziemlich auf. Und als ob das noch nicht alles genug wäre, sind sie auch noch überaus schlechte Gastgeber. Da war es doch selbstverständlich, dass ich versuchte, ihnen aus dem Weg zu gehen!
Während ich also versuchte, mich von diesen Dungbrätern fern zu halten, während ich mir einen Weg durch das Gemüse suchte, gackerte dieses dumme Huhn die ganze Zeit. Einmal blieb sie sogar einfach stehen, weil sie wieder irgendetwas „tolles“ zum picken gefunden hatte, das ich nicht sehen konnte.
Manchmal bezweifele ich ernsthaft, dass sie genügend Verstand besitzt, um Steine von Körnern oder so etwas zu unterscheiden. Als ich ihr jedoch schwungvoll in ihren dicken Bürzel gepickt hatte, konnte ich sie damit zum weitergehen bewegen. Die darauf folgenden, anklagenden Blicke, habe ich natürlich vollkommen ignoriert!
Was für ein Hahn wäre ich denn bitteschön, wenn ich mir solche Lappalien zu Herzen nehmen würde? Bis das geschehen wird, regnet es eher Kiwis vom Himmel!
Als wir das Gebüsch durchquert hatten, fanden wir ein Stück dahinter auch einen geeigneten Platz, an dem wir uns dauerhaft verstecken konnten. Und wo es sogar zu Dabidudas Glück etwas zu picken für sie gab, dem sie sich sogleich gackernd widmete. So nervte sie mich wenigstens nicht bei meinen komplexen Gedankengängen.
Die Nacht haben wir dann dort in dem Gemüse verbracht und mussten ewig darauf warten, dass uns das Einschlafen gelang. Natürlich weil diese Lurchzungen die halbe Nacht lautstark schnatterten – genau, wegen ihres ach so tollen Spieles.
Ich habe etwas unruhig geschlafen, weil dieses, nicht mit übermäßiger Schlauheit bedachte, Huhn im Traum mit ihren Krallen gescharrt hatte. Immer wieder regneten dadurch Schmutzwolken auf mich herab. Erst als ich ihr eine Feder aus dem Rücken rupfte, hörte sie mit diesem Unsinn auf, und ich konnte endlich einschlafen!
Am nächsten Morgen wurde ich wie immer, mit der ersten Ahnung der Sonnenstrahlen, wach und musste stark gegen mein Verlangen zu krähen ankämpfen. Dies gelang mir auch gut, denn ich wollte ja vermeiden, dass diese Federfürze geweckt würden.
Dann hielt ich dem dummen Huhn seinen Schnabel zu, damit sie nicht laut zu gackern anfing, wenn ich sie weckte. Ich pickte sie also mit meinem Schnabel auf den Kopf und erwartungsgemäß riss sie ihre stumpf blickenden Augen auf. Direkt wollte sie anfangen Laute abzusondern, doch das ging natürlich nicht, weil ich meine Klaue noch immer fest um ihren Schnabel gelegt hatte. Als sie sich dann wieder soweit beruhigt hatte, schubste ich sie vor mir her und wir begaben uns auf den Rückweg. An dem Schickerbaum hielten wir kurz an, um euch noch den Rest meines Krähs zu schicken.
Ich war da stehen geblieben, als ich euch von diesem schlecht erzogenen Kea, Koko-Liko, erzählt hatte. Dieser trieb sich, Erzählungen zur Folge, überall auf der Keainsel herum und steckte seinen neugierigen, gebogenen Schnabel überall hinein, wo dieser überhaupt nichts zu suchen hatte. Dies wiederum hatte zur Folge, dass seine Mutter, Armana, ihm ständig neue Bestrafungen auferlegen musste. Der Vater, Bickamuck, vergrub sich währenddessen bestimmt wieder in irgendwelchen Schlauheiten. Wahrscheinlicher war es jedoch, dass er seine Ruhe vor der keifenden Armana haben wollte und dass er keine Lust hatte, sich mit seinem Söhnchen herumzuplagen.
Ich bemerke mal wieder, dass es zwischenzeitlich schon ziemlich spät geworden ist und ich muss ja noch dafür sorgen, dass dieses dumme Federvieh von Dabiduda nach Hause kommt – wo sie mit ihren beiden, nicht minder unterbelichteten, Schwestern herumpicken kann. Das nächste Mal berichte ich euch dann mehr von den Gammelfedern, die sich hier in meinem Tal herumtreiben. Kikeriki bis dann.
Ragui, der Hahn!