Sturz ins Dunkel!
In meinem letzten Kräh, war ich dort mit meiner Berichterstattung stehen geblieben, als ich und mein schwerfälliges Huhn uns gemeinsam auf den Rückweg gemacht hatten. Kurz nachdem wir die brandheißen Geschichte über den Schickerbaum, an euch versandt haben.
Dabei wurde mir schmerzlich bewusst, dass es keinen anderen Weg gibt, euch meine dringlichen Nachrichten zu senden. Ich muss wirklich eilig jemanden finden, den ich mit dieser besonderen Aufgabe betreuen kann. Jemand, der fliegen kann, wäre hierfür am Besten geeignet. Mal schauen, wo ich so eine fliegende Lurchzunge, die nicht allzu schlau ist, finden kann!
So erreichte ich und mein zurückgebliebenes Huhn dann den Eingang der Schlucht und wir flatterten sogleich den Weg hinab zum Papo. Ich musste ja langsam wieder nach den – auch nicht unbedingt schlaueren – Schwestern von Dabiduda sehen. Ihr könnt euch vorstellen, dass man die auch nicht allzu lange alleine lassen kann.
So ging es für uns den Einschnitt zwischen den beiden Bergen immer weiter hinab. Nach kurzer Zeit waren wir bereits vom Nebel umhüllt, welcher am Morgen immer vom Papo zum Rabenhorn hinauf zog.
Dabei ließ ich Dabiduda natürlich vorgehen. Nicht etwa, weil mir unwohl bei dem Gedanken gewesen wäre, zuerst in diesen unheimlich aussehenden, hier hoch wallenden Nebel zu gehen. Dies machte ich natürlich nur deswegen, weil ich mir sicher war, dass sie wieder irgendetwas fände, was ihre Aufmerksamkeit so sehr beanspruchen würde, dass sie von unserem eingeschlagenen Weg abkäme. Mit anderen Worten, sie würde wieder irgendwo herumpicken!
Wir waren noch nicht weit gekommen. Dabiduda konnte ich nur noch schemenhaft vor mir erkennen, da hörte ich, dass sich jemand die Schlucht hinauf bewegte. Da ich dieser Gestalt nicht unbedingt begegnen wollte, schubste ich das Huhn kurz entschlossen auf einen dunklen Fleck an einer Felswand zu. Natürlich war das keine massive Wand, da war ich mir relativ sicher. Ich vermutete vielmehr, dass es sich um eine Höhlenöffnung handeln würde.
Das Huhn torkelte gackernd, wegen meines kleinen Stoßes, genau auf den dunklen Fleck zu – und verschwand darin – ganz so wie ich es bereits vermutet hatte. Es war also wirklich der Eingang zu einer Höhle und nicht nur einfach ein Fleck an der Felswand. Aber man kann nicht vorsichtig genug sein!
Dicht hinter ihr folgte ich Dabiduda in die Öffnung und fast hätte ich ihr mit meinem Schnabel in den Rücken gepickt. Ich wollte schließlich, dass sie sich nicht alleine an einem fremden Ort befinden würde. Auch könnte ich sie so besser beschützen. Vor demjenigen, der hinter uns die Schlucht empor gestiegen war.
Lichtlose Finsternis umgab uns dort und ich konnte mich nur noch an dem Gackern von Dabiduda orientieren. Ich hoffte nur inständig, dass man dieses von außerhalb nicht hören konnte. Gerade wollte ich in ihr rückseitiges Ende picken, damit sie ein wenig leiser gackerte, da stieß sie ein kurzes, aber lautes krächzen aus. Einen Augenblick später war auch ich an der Reihe zu krähen. Meine Krallen berührten keinen festen Boden mehr und ich stürzte ihr hinterher, hinab ins unbekannte Dunkel!
Ich flatterte wild mit meinen Flügeln, um den Sturz etwas zu verlangsamen. Das dumme Huhn war tatsächlich zu weit gegangen und hatte mich noch nicht einmal gewarnt. Sie hätte mir doch mitteilen müssen, dass sich hier kein Boden mehr befand!
Nicht zum ersten und bestimmt auch nicht zum letzten Mal fragte ich mich, wozu sie denn überhaupt gut wäre. Ständig musste ich auf dieses verblödete Huhn aufpassen, sie vor Schwierigkeiten beschützen und das war nun der Dank dafür!
Während ich also heftig flatterte, verfluchte warum ich nicht richtig fliegen konnte und mir überlegte, wie dieser Sturz wohl für mich ausgehen würde, hörte ich wie sie auf Wasser auftraf. Etwas später ereilte mich das gleiche Schicksal. Ich sank ein wenig im Wasser ein, kam aber sofort wieder nach oben und bewegte hektisch meine nutzlosen Flügel. Das Dumme war nur, dass ich gar nicht wusste, wohin ich mich bewegte!
Das Wasser war kühl und so bewegte ich schnell meine Beine. Auch wenn es mir selten an meinen Beinen kalt wurde, gab mir das doch ein besseres Gefühl. Dann spürte ich, wie meine Krallen etwas berührten. Es war der Boden, der mir auch dann wieder eine kontrollierte Fortbewegung ermöglichte.
Leider war mein Glück nicht von allzu langer Dauer, da ich nun mit meinem Schnabel Dabidudas Hinterteil berührte. Natürlich fing sie darauf wieder hysterisch an zu gackern und schaufelte mir Bäche von Wasser über meinen prachtvollen Körper. Erst als ich lautstark meine Stimme erhob, verstummte sie.
Was dann weiter geschah, erzähle ich euch das nächste Mal, da ich zurzeit andere Probleme zu bewältigen habe. Kikeriki und bis dann.
Ragui, der Hahn!