Wiedersehen!
Hallo zusammen, ich hoffe, ihr habt gut geschlafen. Leider kann ich das von mir nicht behaupten.
Wenn ihr euch erinnert war Ragui mal wieder vor Schreck umgefallen, an dem Strauch, wegen Omelettgesicht. Ich hatte mich dann neben ihm niedergelassen, und war umgehend eingeschlafen. Schließlich war es ja schon weit nach Mitternacht!
Es dauerte aber leider nicht allzu lange, da wurde meine Ruhe gestört.
Von dem Hahn!
Ich vermute, dass er die Erlebnisse des Tages verarbeitet hatte, was ja auch in Ordnung war, aber musste er dabei unbedingt laut krähen? Hähne haben eine ziemlich kräftige Stimme müsst ihr wissen, erst recht, wenn sie neben einem hocken.
Irgendwann habe ich es dann nicht mehr ertragen und bin zu den Steinwänden zurück gehüpft. Ich hörte auch dort noch seine Geräusche, aber in deutlich gemilderter Form. So hockte ich mich dort hin, steckte meinen Kopf unter die Federn, und war in Windeseile im Land des Traumwichtels.
Heute Morgen wurde ich wach, weil ich Ragui laut plärren hörte:
„Oh weh, der Waldwichtel hat Dabiduda mitgenommen! Was sage ich denn jetzt nur ihren Schwestern? Ach lieber Waldwichtel, schicke sie mir doch bitte wieder zurück. Nimm doch lieber den Wels, der ist größer und der hat sowieso nichts zu tun!“
Von seiner Warte aus gesehen, wäre das bestimmt ein toller Tausch: Er bräuchte keine Angst mehr vor dem Wels zu haben, und da ich wieder da wäre, müsste er meinen Schwestern nichts erklären. Aber irgendwie fand ich das auch nett.
Ich hörte ihm und seinem Flehen noch einen Moment zu, dann hüpfte ich zu ihm. Er stand vor dem Busch, in dem Omelettgesicht vergangene Nacht gehockt hatte und redete zu diesem.
„Ragui, hier bin ich“, sagte ich zu ihm, da er mein Kommen nicht gehört hatte. Ruckartig drehte er sich zu mir herum und legte mir seinen Flügel auf den Kopf. Welcher unter uns gesagt, mal wieder dringend ein richtiges Bad benötigte.
„Da bist du ja wieder. Dann hat der Waldwichtel meinen Vorschlag angenommen! Ich muss mich sofort bei ihm bedanken gehen!“
In diesem Zustand, in dem er sich jetzt befand, hätte er bestimmt nicht auf mich gehört. Also ließ ich ihn sich wieder zu dem Strauch herumdrehen, vor welchem er sich erneut aufbaute, und dessen Blättern für meine wundersame Rettung dankte. Anschließend wandte er sich mir wieder zu:
„Ich glaube der Waldwichtel war zufrieden mit meinem Dank. Jedenfalls hat er nichts Gegenteiliges zu mir gesagt! Lass uns zu den Steinwänden zurück hüpfen und dort noch etwas von dem verwichtelten Mais essen. Dann sollten wir uns zu unserem schönen Misthaufen aufmachen, damit wir heute Nacht da schlafen können!“
Dem hatte ich nichts hinzuzufügen, so nickte ich nur und ging mit ihm Wichtelmais picken. Leider würden wir diesen nicht mitnehmen können, aber ich schwor mir, dass ich mit meinen Schwestern irgendwann einmal hierher zurückkäme.
Als wir dann satt waren, begaben wir uns wieder zum Papolupa, tranken noch ein wenig und hüpften nordwärts. Dass der Wels nicht am Fluss aufgetaucht war, bestätigte Raguis Vermutung, der Waldwichtel wäre auf seinen Vorschlag eingegangen und hätte das alte Fischmaul mitgenommen. Ich dagegen vermutete, dass dies eher Omelettgesicht zu verdanken war, die ihn ja am Vorabend erschreckt hatte.
Vermutlich hatte er sich irgendwo in der Tiefe des Flusses versteckt und wartete darauf, dass ihm das Auftauchen ungefährlich erscheinen würde. Ich jedenfalls ließ Ragui in seinem Glauben er hätte etwas damit zu tun, und hüpfte entspannt neben ihm her.
Das Wolkenschnabelgebirge warf seinen Schatten auf uns und den Papolupa. Wir waren ungefähr in der Höhe der Höhlen, die hier den unteren Teil des Gebirges durchlöcherten. In diesen Höhlen lebten unter anderem Omelettgesicht, die Fledermäuse und auch Zuckerschnute.
Jedoch schliefen sie vermutlich zurzeit, oder waren im Gebirge unterwegs. Es war nämlich nirgendwo ein Zeichen von ihnen zu entdecken. Sehr zur Erleichterung Raguis, wie er mir sagte.
Etwas später gelangten wir zu dem umgestürzten Baum, der den Papolupa überspannte. Er war vor langer Zeit bei einem Unwetter umgestürzt. Da er aber anscheinend keine Lust hatte zu verfaulen, hatte er beidseitig vom Fluss seine Wurzeln tief in die Erde gebohrt.
Dies war natürlich für alle Bewohner des Papolupatals, die ihre Beine zur Fortbewegung nutzten, ungeheuer praktisch. So konnten wir sicher und mit trockenen Krallen, von einer Seite zur anderen wechseln, was wir nun auch machten.
Als wir schon fast an dessen Ende waren, sah ich etwas hinter uns, einen Schatten im Wasser. Augenblicke später durchbrach ein Schnabel die Wasseroberfläche und der daran hängende Vogel flatterte auf den Stamm. Schnell streifte er von seinem Schnabel drei kleine Fische ab, die auf dem Holz liegen blieben.
„Hallo ihr beiden, was macht ihr denn hier, fernab von eurem Misthaufen?“
Da Ragui es offenbar nicht für notwendig befand ihr zu antworten, tat ich es:
„Grüß dich Ferinupfe. Ich brauche dich ja nicht zu fragen, ob du erfolgreich bei der Jagd warst. Was ich mich aber immer frage, wenn ich dich sehe, ist wie ein Vogel nur so tief tauchen kann. Ich bekomme schon Panik, wenn sich mein Kopf unter Wasser befindet!“
Sie lachte und sagte:
„Um die leckersten Fische zu ergattern, muss man halt tiefer tauchen. Ich dagegen könnte mir nicht vorstellen, immer nur Körner zu picken.“
Ragui wurde anscheinend ungeduldig, denn er sagte zu der Wasseramsel:
„Körner sind sehr nahrhaft und stinken auch nicht wie Fisch! Außerdem haben wir heute und gestern Wichtelmais gepickt!“
Er hüpfte zum Ende des Stamms und von dort auf den Boden. Ich sagte zu Ferinupfe leise:
„Wir waren ein paar Tage unterwegs und er hat es eilig zu seinem Misthaufen zurückzukommen. Ich denke wir unterhalten uns besser ein anderes Mal weiter, sonst ist er weg und landet wieder in Schwierigkeiten. Ich wünsche dir noch einen federleichten Tag!“
Sie lachte und ich hüpfte unserem alten Krähbeutel hinterher.
Ragui und ich flatterten in nordöstliche Richtung weiter und passierten den Heimbaum der netten Blaumeisen, die wie vom Erdboden verschluckt waren. Das hatte ich wohl laut gesagt, denn der Hahn antwortete mir:
„Die treiben sich bestimmt in der Gegend herum, und stecken ihre Schnäbel in Sachen, die sie nichts angehen! Wichtel sei Dank, dass sie nirgendwo zu sehen sind, denn diese Arle ist ziemlich giftig!“
Ich kommentierte dies nicht. Denn wenn Ragui sich einmal eine Meinung über jemand gebildet hatte, war die nicht nur meistens falsch, man konnte ihn auch so gut wie gar nicht umstimmen. So flatterten wir den Rest unsere Strecke schweigend weiter.
Fast hatten wir unseren Misthaufen erreicht, da hüpften zwei Gestalten aus dem Gebüsch. Es waren Ragudura und Oropantra, meine Schwestern. Sie drückten sich an mich und umarmten mich mit ihren Flügeln. Ragui, dem das aber wieder einmal nicht gefiel, sagte etwas von „dumme Hühner“ und hüpfte zu seinem geliebten Misthaufen.
Wir drei lachten und pickten nebenbei irgendwelche Körner. Wir waren wieder zuhause!
Hiermit enden zunächst einmal unsere Nachrichten, denn meine Schwestern und ich haben uns sehr viel zu erzählen. Ich wünsche euch guten Wind unter den Flügeln, Genug zum picken und jemand, der für euch da ist. Schaut einfach mal hin und wieder bei uns vorbei, wer weiß, vielleicht gibt es ja neue Amselnachrichten aus dem Papolupatal!
Dabiduda, das Huhn, das nun wieder da ist, wo es hin gehört.